Die rheinland-pfälzische CDU-Chefin, Julia Klöckner MdL, hält sich bis Donnerstag in London zu politischen und wirtschaftlichen Gesprächen auf. Auf dem Programm der Politikerin, das ihr von der britischen Botschaft und den Britischen Außenministerium zusammengestellt worden ist, standen bisher u.a. Gespräche mit dem

- Britischen Außenminister, William Hague
- Speaker of the House of Commons, John Bercow
- Beratern des Londoner Bürgermeisters (“City Hall”)
- Leiter der 1948 gegründeten deutsch-britischen Tagungsstätte Wilton Park, Richard Burge
- Vizechefin der Polizeibehörde, Cressida Dick
- Leiter der Konrad Adenauer Stiftung in London, Hans Blomeier
- Direktorin der Russel Group, einem Verbund britischer Universitäten, Wendy Piatt
- Leiterin des Ärzteverbandes „Royal College of Physicians”, Patricia Wright
- Vertretern der Migrationsbehörde
- Vertretern der Antikorruptionsorganisation
- Vertretern der internationalen Bank “Barclays”

Mit dem britischen Außenminister traf sich Julia Klöckner zum einstündigen Gespräch in seinem Büro nahe Westminster, um die kommende Europawahl zu beleuchten. Die CDU-Politikerin machte deutlich, dass ihr Bundesland Rheinland-Pfalz und Deutschland ein großes Interesse an der gemeinsamen Arbeit mit Großbritannien in der EU hätten und man nicht Europaskeptikern mit einfachen Parolen das Feld überlassen solle. William Hague bedauerte, dass die Europawahl in England leider nicht die Bedeutung besäße, die man sich wünschte. Meist würde diese Wahl genutzt, um innenpolitisch abzustimmen, mit nicht europäischer, sondern nationaler Ausrichtung. Meist würde die Europawahl auch genutzt, um Protestparteien wie die UCIP hochkommen zu lassen. „Manche in Großbritannien betrachten die Europawahl leider nur als unterhaltsame, nicht ernst zu nehmende Abwechslung, um auch der ein oder anderen neu gegründeten Spaßparteien ihre Stimme zu geben.“ Der Außenminister war sich mit Julia Klöckner einig, dass man aufpassen müsse, dass die Akzeptanz Europas nicht kippe. Die europäische Idee könne nur dann Bestand habe, wenn Europa auch seine Grenzen kenne und nicht immer mehr Zuständigkeiten an sich ziehen. „Wir waren uns einig, wir wollen ein Europa der Kommunen und Länder und nicht ein Europa über den Köpfen“, so Julia Klöckner. Offen sprach William Hague an, dass er sich Deutschland als Verbündeten wünsche, wenn es um eine neue Finanzordnung in Europa gehe. Großbritannien ist nach Deutschland der größte Nettozahler. Mit Blick auf die Unabhängigkeitsbestrebungen Schottlands und einem Referendum machte der Außenminister deutlich, die Schotten müssten wissen, würden Sie aus dem Verbund austreten und unabhängig werden wollen, dann wären sie auch kein Mitglied der Europäischen Union mehr. Er sei sich sicher, dass dies den meisten klar sei, und dies die Mehrheit im Land nicht wolle, sagte William Hague.

Interesse an der deutschen Debatte zeigte der Minister vor allem mit Blick auf die seit dem 1. Januar geltenden Freizügigkeitsregelungen. England habe seine Sozialgesetzgebung geändert, sodass niemand in den ersten drei Monaten Soziallleistungen erhalten könne, der neu ins Land komme. Dies sei nur fair gegenüber den britischen Steuerzahlen, sagte William Hague. Julia Klöckner verwies darauf, dass Deutschland vor allem auf gut ausgebildete Zuwanderer angewiesen sei und auf Fachkräfte setze. Sie erwarte aber auch von der EU, dass die Regionen finanziell stärker unterstützt werden müssten, die aufgrund der neuen Freizügigkeitsregelung die größten Inanspruchnahmen von Sozialleistungen schultern müssten. „Der Einigungsprozess darf nicht für einige zur Überbelastung vor Ort werden, da muss es Unterstützung geben“, betonte Julia Klöckner.

Mit Blick auf die Türkei und den Besuch Erdogans in Deutschland verwies der Minister auf die geostrategisch wichtige Rolle der Türkei als aufstrebendes Land, die Beitrittsverhandlungen sollten ergebnisoffen geführt werden. Der Minister und die Unionspolitikerin verabredeten, in engem Kontakt zwecks Schüler- und Jugendaustausch zu bleiben, um ihn zwischen England und Deutschland stärker zu unterstützen und auszubauen.

Mit den Vertretern des Ärzteverbandes besprach Julia Klöckner die Problematik fehlender Ärzte in Deutschland und England. Direkt sprach die Politikerin auch die Anwerbung deutscher Ärzte nach England an und verwies darauf, dass es auf Dauer keinen Gewinn für beide Seiten wäre, sich das vor Ort ausgebildete Personal abzuwerben. Man müsse gemeinsam stärker für den Arztberuf und Verbleib im eigenen Land werben, damit einen gute flächendeckende medizinische Versorgung auch in Zukunft gewährleistet sei.

Mit Vertretern der Bankbranche und Wirtschaft machte Julia Klöckner die im schwarz-roten Koalitionsvertrag vereinbarte Finanztransaktionssteuer zum Thema. Den Briten ging es in dieser Frage vornehmlich um die Stärkung des eigenen Finanzplatzes London. Sie gestanden aber ein, dass die Argumentation, warum ausgerecht Finanzprodukte im Vergleich zu anderen Produkten nicht mit einer Steuer belegt seien, schwierig zu führen sei. Anerkennend stellten die meisten fest, dass Deutschland wirtschaftlich, arbeitsmarktpolitisch und finanzpolitisch sehr gut dastehe und man alles beobachte, was an Entscheidungen in Berlin getroffen werde, da Angela Merkel den Ton in Europa angebe. „Man merkt, dass Großbritannien sehr an der Zusammenarbeit und dem Schulterschluss mit Deutschland gelegen ist, zumal zwischen London und Paris eine gewisse Frostzeit sich trotz gegenseitiger Besuche breit zu machen scheint“, stellt Julia Klöckner fest.

Der Parlamentspräsident war im Gespräch mit Julia Klöckner vor allem an den unterschiedlichen Arbeitsweisen der Parlamente in den Ländern und im Bund interessiert und kündigte an, auch das britische Parlament stärker für die Öffentlichkeit und für die digitale Welt im Internet zu öffnen. Wenn es seine Zeit erlaube, würde der Speaker sich gerne auch in Deutschland in einem der Länderparlamente umschauen. Julia Klöckner: „Ich bot ihm an, auf kurzem Wege den Kontakt zu unserem Parlamentspräsidenten in Mainz herzustellen, sollte er nach Deutschland kommen.“

Weitere Gesprächspartner werden dieser Tage u.a. stattfinden mit
- Ed Llewellyn, Amtschef von Premierminister David Cameron in der Downing No. 10
- Lord Hennessy of Nympsfield, Mitglied im House of Lords

(Nr. 022/2014 - 05.02.2014)